Nach einer langen Zeit des Rumpelfußballs, wurden die deutschen Ausbildungskonzepte 2006 erneuert. Unerwartet schnell gab es nicht nur Erfolge, es wurde auch schöner Fußball gespielt.
Spätestens nach der WM 2018 wird klar, der internationale Spitzenfußball läuft Deutschland davon. Es gibt viele Methodiken, die zögerlich, unentschlossen und abwartend in Deutschland betrachtet werden. Ich habe dazu Matthias Nowak interviewt und erhielt einige interessante Antworten.
Die DFB Ausbildungskonzepte wurden von Matthias Sammer präsentiert und er sprach damals von einem „langen Weg“. Dieser „lange Weg“ war dann sehr kurz, 2008 und 2009 wurden die U19 und U17 Europameister und 2009 die U21 Weltmeister. Schnell feierte man die DFB-Ausbildungskonzepte als Erfolgsgarant, obwohl nicht ein Spieler diese Konzepte komplett durchlaufen haben konnte.
Es lag offensichtlich am 2002/2003 eingeführten DFB-Talentförderprogramm, welches heute aus 366 Stützpunkten und rund 1300 Trainern (Quelle: DFB) flächendeckend vorhanden ist. Talente fallen so kaum noch durchs Raster und bleiben unentdeckt. Waren die erfolgreichen Jahre der U-Teams einfach nur „goldene Jahrgänge“?
Verliert der deutsche Fußball den Anschluss an die Weltspitze?
Seit einigen Jahren bleiben die großen Erfolge der U-Teams aus und eigentlich ist jetzt die Zeit, in der „der lange Weg“ greifen müsste. Es gibt zwar viele Talente, aber die eigentliche Weltklasse kommt aus anderen Ländern. Es ist an der Zeit zu korrigieren und nicht wie in früheren Zeiten, abzuwarten und zu zögern. Natürlich ist dies nur eine Momentaufnahme, aber so zu tun, ob alles in Ordnung wäre, ist keine Option.
Wenn gut nicht mehr gut genug ist
Matthias Nowak hat jahrelang die Frauen des FC Bayern München mit seinem Training erst wahnsinnig und dann richtig gut gemacht. Längst ist er unter Fußballprofis der Geheimtipp, wenn es darum geht, aus einem guten einen sehr guten Spieler zu machen. Ganz nebenbei verspricht Matthias Nowak gleichzeitig beispielhaft, in sechs bis neun Monaten beidfüßige Spieler ausbilden zu können.
Interview mit Matthias Nowak
Matze, was treibt Dich um, wem oder was gilt Deine Sorge?
Der deutsche Fußball wird den Anschluss an die Weltspitze verlieren, weil die Quantität und Qualität an potenziellen Weltklasse-Spieler in Deutschland weiter abnehmen wird. Das hat mehrere Gründe, u.a. ein falsches und zu spätes Scouting, schlechte Bezahlung der NLZ-Trainer und eine falsche Gewichtung von Trainingsschwerpunkten im Kinder- und Jugendfußball.
Wie kann man dem begegnen? Wir waren doch schon einmal an dem Punkt und dachten, wir hätten die richtigen Lehren gezogen?
Wir müssen aus einer Not eine Tugend machen und dürfen nicht in die gleichen Fehler wie in der Politik verfallen. Wir brauchen dringend neue Schwerpunkte in der Eliteförderung. Und dazu benötigen wir einen großen Wurf, also Mut und keine faulen Kompromisse.
Was heißt das konkret?
Frühförderung von Kreativität und kognitiven Fähigkeiten.
Ausbildung von polyvalenten Spielern.
Wie weit wir tatsächlich von diesen Schwerpunkten entfernt sind, zeigt das einfache Beispiel fehlender Beidfüßigkeit in der deutschen Eliteförderung. Weniger als 10 Prozent unserer Nachwuchshoffnungen sind tatsächlich beidfüßig. Es gibt keine zwei Meinungen darüber, welche Wettbewerbsvorteile sich allein aufgrund von Beidfüßigkeit im heutigen Fußball ergeben würden.
Doch der wichtigste Grund wird von den meisten NLZ-Leitern gar nicht erkannt.
Was bedeutet Polyvalenz in Bezug auf einen Spieler?
Ein polyvalenter Spieler kann auf verschiedenen Positionen spielen und noch besser, er verfügt über viele verschiedene, starke Fähigkeiten und hat kaum Schwächen. Mann kann solche Spieler durchaus als Allrounder bezeichnen, allerdings dürfen sie nicht nur auf verschiedenen Positionen einsetzbar sein, sie müssen diese auch komplett beherrschen.
Konkret, nenne ein Beispiel für Polyvalenz und gibt es keine Spieler in der Bundesliga, die das können?
Beidfüßigkeit! Sie öffnet neue bzw. andere, breitere Wege für Polyvalenz. Denn in jedem Fall ist Beidfüßigkeit ein wichtiger Bestandteil von Polyvalenz, ja es ist der Kernbaustein.
Beispiel in der Bundesliga: Thorgan Hazard. Ein deutsches Beispiel fällt mir nur eingeschränkt ein: Kimmich!
Polyvalenz sorgt für richtig viel Geld in den Kassen der Vereine und letztlich wieder für Weltklasse-Fußball, außerdem birgt diese Ausbildung auch eine Chance für kleinere Vereine. Diese können sich durch Ausbildungserfolge finanziell ganz anders und nachhaltiger aufstellen. Denn junge Nachwuchsspieler mit diesem Ausbildungs-Prädikat werden Millionen wert sein.
Größere Vereine können durch einen effizienten, kleinen und kohärenteren Kader wieder um internationale Titel mitspielen und das mit einer Attraktivität, die die Leute wieder in die Stadien treibt. Kurzum: Alle Vereine profitieren davon!
Das mag schlüssig klingen. Nur wer sagt mir, dass Deine Methoden, über welche reden wir hier überhaupt, auch funktionieren?
Wie Du weiß, stimme ich mich schon seit Jahren meine Übungen mit den zwei führenden Wissenschaftlern auf diesem Gebiet ab. Torbjörn Vestberg vom Carolinska Institut in Stockholm und Prof. Dr. Thomas Schack aus Bielefeld. Beide sind überzeugt, dass mein neues Lernprogramm Deep Learning Leistungssprünge im Profifußball garantieren.
Gerade in Deutschland erleben wir aber eine Zeit des Zögerns, der Unentschlossenheit und des Abwartens. Darauf habe ich schon in Sachen Politik keine Lust mehr. Ich suche deshalb vorerst meine Herausforderung im Ausland, dort geht es voran, mit großen Schritten.
Am liebsten wird gespielt und als Trainer nutzen wir das
Tolle Lerninhalte, für eine Spielform die auch noch Spaß macht. Der Gedanke zur Spielform -Pizza-Pommes für alle!- liegt auf der Hand, denn so war es und so ist es: Am liebsten wird gespielt und als Trainer nutzen wir das.
Wieder schauen wir mit diesem Motivationskick hinter die sonst verschlossenen Türen im Profibereich. Einfach und doch so wirkungsvoll, man muss es nur umsetzen.