Bayern startet Reform im Kinderfußball

Am 01.07.2019 treten in Bayern neue Richtlinien zum Spielbetrieb im Kinderfußball in Kraft. Die Richtlinien verändern den Spielbetrieb bei den G-, F- und E-Junioren.

Die Reform ist für Vereine nicht bindet, sie haben die freie Wahl, ob sie beim 7 gegen 7 bleiben oder die neuen Spielformen ausprobieren. Es handelt sich um eine „Richtlinie für den Kinderfußball“. Im Artikel werden die Reforminhalte übersichtlich dargestellt. Spielordnung-Quelle: BFV

Dass ich ein Verfechter für Reformen im Kinderfußball bin, ist den Soccerdrills-Lesern seit Jahren bekannt. Ich werde versuchen, die Reformidee des BFV neutral zu beschreiben. Diskutiert werden kann darüber im Soccerdrills-Forum Trainertalk.de.

Das Ziel = FUNiño soll sich als Spielform etablieren

Der Bayerische Fußballverband hat das Rad nicht neu erfunden, er gibt als neue Spielformen den Mini-Fußball (FUNiño) vor, der in Pilotprojekten erfolgreich getestet wurde. Offiziell werden die Spielformen auch nicht als „FUNiño“ benannt, sie werden als
… Kleinfeldspiele im "3-gegen-3" oder "5-gegen-5", die vielen Jugendtrainerinnen und -trainern unter dem Namen "FUNino" bekannt sind
vom Verbands-Jugendleiter Florian Weißmann dargestellt.

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Der FUNiño -„Erfinder“ ist Horst Wein, er veröffentlichte bereits 1985 sein Fußball-Entwicklungsmodell. Seitdem hat Horst Wein dieses Modell immer weiter verfeinert und den neuesten Entwicklungen im Kinderfußball angepasst. In deutscher Sprache erschien 2009 sein Hauptwerk „Spielintelligenz im Fußball“, zwischenzeitlich liegt es in der 5. Auflage (2018) vor und ist wahrscheinlich das beliebteste Ausbildungsbuch weltweit. Seine Werke wurden in Deutsch, Spanisch, Englisch, Niederländisch, Italienisch, Japanisch und Russisch veröffentlicht. Der amerikanische Sportverlag Human Kinetics bezeichnete Wein als „perhaps the world’s foremost mentor of football coaches“.

Leider ist Horst Wein im Februar 2016 viel zu früh verstorben.

Aus Spielformen werden Wettkampfformen

In einigen Medien wird die Maßnahme des BFV als „Revolution im Kinderfußball“ ausgerufen und die Fachleute klatschen sich gegenseitig auf die Schultern.

Kinderfußballtrainer, die sich schon einige Jahre mit FUNiño beschäftigen sagen „Endlich!“, so auch im Soccerdrills-Forum Trainertalk.de. Es gibt sehr viele Trainer, die den Horst-Wein-Mini-Fußball bereits seit Jahren erfolgreich ins Training integriert haben. Die Forderung, diese Spielideen in den Spielbetrieb zu übernehmen gibt es schon sehr lange, wurde aber nie berücksichtigt.

Ältere Trainer werden sich an eine andere große Reform im Spielbetrieb für Kinder erinnern. Damals wurden die Kleinfelder eingeführt, gegen den Widerstand vieler Vereine und Trainer wurde argumentiert: Jetzt kommt jedes Kind auf dem Feld häufiger an den Ball und so steht nicht mehr die Hälfte der Mannschaft rum, es gibt viel mehr Ballkontakte. Halt, Stopp! Genau dieses Argument kommt jetzt wieder, stellt sich die Frage: Warum erst jetzt? Ein 3 gegen 3, 4 gegen 4 oder 5 gegen 5 wurde damals bereits von vielen Fachleuten gefordert, andere Länder gingen beispielhaft voran, den Horst-Wein-Mini-Fußball gab es schon.

Die Reform-Idee

Quelle BFV:

Als ausbildungsorientierte Spielform kann in den Altersklassen der G-, F- und E-Junioren die Spielform Mini-Fußball umgesetzt werden.

Der Verbands-Jugendausschuss möchte mit den Spielformen im Minifußball die Kreativität und Spielintelligenz der einzelnen Spieler entwickeln. Um dies sicherzustellen, gelten folgende Maßstäbe:

  • Fußballspielen für alle Kinder ermöglichen (Reduzierung der Meldehürde)
  • gleiche Spielzeiten für alle Spieler
  • viele Ballkontakte, viele Dribblings
  • viele Tore = viele Erfolgserlebnisse
  • Ausschalten des Relative Age Effect (relativer Alterseffekt) und der Drop Out-Raten (Ausscheidungs-Quote)
  • keine Ersatzbank • keine Positionsfixierung einzelner Spieler

Ob ein weiterer Grund der Veränderung der Ausbildungsinhalte speziell das Leroy-Sané-Tempodribbling durch viel 1-gegen-1-Aktionen ist, na ja, manchmal wird in den vergleichen etwas überzogen. Mann kann es den Kindern so verkaufen und sollte dabei nicht vergessen zu erwähnen, dass Messi so ausgebildet wurde. Das motiviert und fördert die Akzeptanz der Spielformen.

Wie viele Vereine sich tatsächlich für den Mini-Fußball anmelden, welche zusätzlichen Kosten entstehen?

Da das Reformkonzept als "Richtlinie für den Minifußball" erarbeitet worden ist, ist eine Teilnahme nicht verbindlich, sondern freiwillig. „Freiwilligkeit“ ist in der Umsetzung schon bei anderen Reformen ein Problem gewesen. Es bleibt abzuwarten, wie viele Vereine und Trainer sich für die Teilnahme entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich nur Trainer dazu entschließen, die nach dem Horst-Wein-Konzept trainieren. Für alle anderen Trainer gilt: Sie werden sich jetzt oder zukünftig mit der „Spielintelligenz im Fußball“ und dem Mini-Fußball auseinandersetzen müssen. Inwieweit der BFV in den Vereinen (kostenlos) schult oder ob die Trainer die Inhalte komplett in Eigenarbeit lernen müssen, ist zurzeit nicht bekannt.

Als Tore sind auch Stangen und Hütchen möglich, aber dies wird die Kinder nicht wirklich motivieren. „Echte Tore“ sind was Schönes und davon werden pro Feld vier benötigt. Die Vereine werden in die Zukunft investieren müssen, vom BFV sind keine Zuschüsse geplant, lautet die Vorgabe von Verbands-Jugendleiter Florian Weißmann. Gleichzeitig äußerte er sich zu den Mitgliedsbeiträgen, die die Vereine überdenken müssen, wahrscheinlich sieht er darin die Möglichkeit zur Finanzierung von zukünftigen Investitionen. Die Eltern müssten in die Finanzierungen stärker eingebunden werden. (Quelle: Kicker.de)

Mini-Fußball - Was ändert sich im Kinderfußball?

Das Spielfeld

  • Die Abmessungen betragen 20-25 x 25-30 Meter.
  • 6 Meter von der Torlinie entfernt wird eine Schusszone markiert, der Strafstoßpunkt entfällt.
  • Eine Mittellinie wird markiert und das Spielfeld wird durch Hütchen begrenzt.
  • Bei den G- und F-Junioren werden 4 Minitore (1,80 x 1,20 Meter oder 1,20 x 0,80 Meter) oder 2 Tore (3 x 1,65 Meter) aufgestellt
  • Bei den E-Junioren: werden Handballtore (3 x 2 Meter) aufgestellt, alternativ sind Mini-Tore möglich.
  • Die Tore können auch durch Stangen oder Hütchen gekennzeichnet und so unterschiedlich aufgebaut werden.

Anzahl der Spieler/-innen, Auswechslungen bzw. Spielzeiten

  • Bei den G- und F-Junioren besteht ein Team aus 3, bei den E-Junioren aus 5 Spielern.
  • Torwart: Bei den G- und F-Junioren gibt es keinen Torwart und bei den E-Junioren wird einer der fünf Spieler als Torwart gekennzeichnet. Dieser spielt nur innerhalb der Schusszone (siehe Spielfeld) und muss zwingend nach jedem Spiel ausgetauscht werden (Torwart-Rotation).
  • Bei Auswechslungen wird rotiert. Konkret bedeutet dies, ein Spieler wird ein zweites Mal vom Feld genommen, wenn alle anderen bereits pausiert haben.
  • Die Anzahl der Rotationsspieler ist begrenzt, immer ein Spieler weniger als auf dem Spielfeld spielen. Bei 3 Spielern bedeutet dies 2 und bei 5 Spieler 4.

Festivals und Turniere als Spielbetrieb

Ablauf Festival:

  • Die Spielfelder werden nummeriert und so die Spielstärke festgelegt.
  • Gespielt wird „Champions-League“, siehe hierzu: Turniere als Spielformen im Fußballtraining. Die Gewinner steigen auf, die Verlierer ab. Die Sieger auf dem spielstärksten und die Verlierer auf dem spielschwächsten Feld verbleiben auf ihren Spielfeldern.
  • Nach jedem Torerfolg wird bei beiden Teams ein Rotationsspieler eingewechselt.
  • Bei einem Unentschieden ist die Mannschaft Sieger, die das letzte Tor erzielt hat.
  • Eine Tabelle und eine Siegerehrung sind nicht zugelassen.

Ablauf Turnier:

  • Die Spielzeit beträgt 10 bis 15 Minuten.
  • Modus: Jeder spielt gegen jeden.
  • Eine Tabelle und eine Siegerehrung sind nicht zugelassen.

Besondere Spielregeln

  1. Der Spielball muss ein Leichtspielball der Größe 3 (G- und F-Junioren) bzw. Größe 4 (E-Junioren) bis 290 gr. sein.
  2. Zu Spielbeginn wird der Ball von der Seite in das Spielfeld geworfen. Die Mannschaften befinden sich zu diesem Zeitpunkt auf der Linie der Schusszone.
  3. Es wird ohne Abseitsregel, Strafstoß und direkten Freistoß gespielt.
  4. Aus einem Eckstoß kann ein Tor direkt erzielt werden.
  5. Innerhalb der Schusszone darf kein indirekter Freistoß ausgeführt werden. Der Ball ist auf die Schusszonenlinie zurückzulegen.
  6. Ein Schiedsrichterball wird analog dem Anstoß ausgeführt.
  7. Beim Toraus wird das Spiel mit Einstoßen oder Eindribbeln fortgesetzt, dies gilt auch bei einem Eckstoß. Der Eckstoß wird von der Schusszone ausgeführt.
  8. Bei einem Seitenausball ist das Spiel durch Einstoßen oder Eindribbeln außerhalb der Schusszone fortzusetzen.
  9. Bei der Ausführung von Freistößen und Eckstößen müssen die Spieler/- innen der gegnerischen Mannschaft mindestens fünf Meter vom Ball entfernt sein.
  10. Im Übrigen gelten, die vom DFB anerkannten Fußballregeln sowie Satzung und Ordnungen des BFV.

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Handbuch Kinderfußballtraining