Die beste Ausbildung bieten, die es gibt
Kommen wir zu den vier einzelnen Aussagen:
1.„Für uns im deutschen Fußball muss es das Ziel sein, dass wir die beste Ausbildung bieten, die es gibt.“
Ja, Ja und nochmals Ja. Genau damit fängt es an. Und der DFB hat hier seit Anfang 2022 tatsächlich geliefert: Z.B. durch eine komplett überarbeitete B + Lizenz Ausbildung (ehemals DFB-Elite-Jugendlizenz)
Zu Beginn des Jahres startete die DFB-Akademie im Zuge der neuen Ausbildungsstruktur mit den komplett überarbeiteten Trainer*innen-Ausbildungen. Nach dreimonatiger Lehrzeit steht den Teilnehmer*innen des Pilotlehrgangs der B+ Lizenzen nun bereits der Abschluss bevor.
"Mit der B+ Lizenz bereiten wir die Trainer*innen ganz gezielt auf die leistungsbezogene Förderung von jungen Talenten an den DFB-Stützpunkten, in Leistungszentren oder in einem ambitionierten Fußballverein vor", erklärt DFB-Ausbilder Lennart Claussen.
Die Überarbeitung der Lehrgänge bringt für die B+ Lizenz-Ausbildung einiges an Veränderungen mit sich. Insgesamt 160 Lerneinheiten innerhalb von bis zu vier Monaten umfasst der neue Lehrgang im sogenannten Blended-Learning-Format. Aus den zuvor veranstalteten zwei Präsenzwochen mit anschließender Prüfung sind nun drei Präsenzphasen à vier Tagen geworden. Die Wochen dazwischen werden zur Onlinelehre und vor allem zur Anwendung des Gelernten im eigenen Verein genutzt.
"Das hat zum Vorteil, dass die Teilnehmenden zu Beginn der Präsenz bereits im Thema sind und der gemeinsame Austausch schneller und detaillierter erfolgen kann.", sagt Claussen.
"Über die Anwendung im Heimatverein können realitätsnahe Erfahrungen zu den Lehrgangsinhalten gesammelt werden, die dann in der nächsten Präsenzphase aufgegriffen und mit der Gruppe geteilt werden können."
"Auf komplexe künftige Aufgaben vorbereiten"
Entlang des "roten Fadens" des Trainer*innen-Entwicklungsmodells orientiert sich auch die B+ Ausbildung an den vier Bausteinen "Trainer*innen-Ich", "Spiel & Spieler*in", "System Fußball" und "Organisation". Dabei liegen die inhaltlichen Schwerpunkte des Lehrgangs auf den Themen "Rollenverständnis und Selbstbild als Förderer von Jugendfußballer*innen", "Planung und Steuerung von Spiel und Training mit Fokus auf individuelle Förderung und freie Spielanteile" sowie "Altersgerechtes und entwicklungsorientiertes Coaching von Jugendlichen".
"So wie die Trainer*innen ihre Spieler*innen in den Mittelpunkt allen Handelns stellen, so stellen wir die Teilnehmer*innen der Ausbildung in den Mittelpunkt", erklärt Claussen weiter. "Auf Basis desTrainer*innen-Entwicklungsmodells wollen wir die Trainer*innen, über die technisch-taktischen Anforderungen hinaus, auf die komplexen künftigen Aufgaben vorbereiten. Als Ausbilder bewerten wir in erster Linie nicht, was richtig und was falsch ist, sondern bieten den Trainer*innen aus der Rolle des Lernbegleiters verschiedene Perspektiven. Sie können, kombiniert mit ihren bisherigen Vorerfahrungen, ihren eigenen Stil finden und sich so im Sinne ihrer eigenen Trainer*innen-Persönlichkeit individuell weiterentwickeln. Bisher kommt das bei den Teilnehmer*innen sehr gut an."
Vorerfahrungen und Bildung sind zentral
Eine weitere Änderung zum vorherigen Lehrgangsformat sind die neuen Zulassungsvoraussetzungen. Um in den B+ Lehrgang aufgenommen zu werden, müssen die Teilnehmer*innen zunächst Trainertätigkeiten im entsprechenden Leistungs- und Altersbereich vorweisen. Der positive Einfluss von bisherigen Erfahrungen als Trainer*innen und Spieler*innen sowie relevanter Bildung ist für DFB-Ausbilder Claussen bereits deutlich erkennbar: "Der fachliche Austausch und die Diskussionsqualität innerhalb des Kurses ist noch einmal deutlich gestiegen."
Für die Präsenzzeiträume des Lehrgangs spielt auch die Lernatmosphäre eine wichtige Rolle. Darunter ist nicht nur die eigene Haltung sowie die Offenheit und Leistungsbereitschaft der Teilnehmer*innen zu verstehen, sondern auch die Rahmenbedingungen, unter anderem Unterkunft, Essen und Seminarräume. "Mit dem Standort des Badischen Fußballverbandes in Schöneck haben wir eine wunderbare Sportschule, die sehr stark daran beteiligt ist, dass dieser Kurs so gut läuft", erzählt Claussen. "Ich möchte mich, auch im Namen meiner Kollegen, für die tolle Zusammenarbeit bedanken."
Aber genau hier muss ich dazwischen grätschen. Warum?
Es gibt dafür zwei Gründe:
- Die Lehrgangsgebühr beträgt für die B+ Lizenz 1.900 €. Dazu kommen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung usw. in Höhe von ca. 2.000 €.
(Quelle: dfb-akademie.de). - Die schlechte Bezahlung der Trainer in den NLZ
Der deutsche Fußball gehört zu den besten Nachwuchsbereichen in Europa. Ziel der Vereine ist es, junge Spieler für die eigene Profimannschaft auszubilden oder diese teurer weiter zu verkaufen. Dafür hat der FC Bayern zuletzt rund 70 Mio. Euro in den FC Bayern Campus investiert. Im August 2017 wurde das Nachwuchsleistungszentrum an der Ingolstädter Straße eröffnet. Seitdem werden dort täglich die größten Jugendtalente des deutschen Rekordmeisters trainiert und gefördert. Teilweise werden sogar hohe sechsstellige Geldbeträge für 16-Jährige Nachwuchstalente aus ganz Europa bezahlt.
Im starken Missverhältnis dazu stehen die Gehälter der Trainer in den deutschen NLZs, wie „Sport Inside“ im WDR aufgedeckt hat. Konkret geht es darum, dass die meisten Trainer nur als Minijober auf maximal 450-Euro-Basis angestellt sind und dabei die Mindestlohnregelungen umgangen werden. Die Übungsleiter arbeiten mehr als sie gesetzlich dürften. Ein Co-Trainer des FC Augsburg berichtet, er habe im ersten Jahr 200€ und im zweiten Jahr 250€ monatlich verdient. Als Cheftrainer würde das Gehalt bei 400€ liegen - als Fulltimejob.
(Quelle: tz.de)
Kommen wir zu Grund 1:
Was nützt die vermeintlich beste Ausbildung, wenn ich Sie mir als (junger und ambitionierter) Trainer schlicht und einfach nicht leisten kann? Meine Lösung klingt sicherlich „unsexy“ für Herrn Bierhoff und dem DFB: Der DFB/ die Bundesliga-Vereine machen den ambitionierten Kandidaten folgendes Angebot: Die Ausbildung ist kostenfrei, sofern die Trainer sich verpflichten, z.B. während der nächsten 5 Jahre nach Abschluss der Ausbildung, mindestens 3 Jahre in der Nachwuchsförderung zu arbeiten. Ansonsten gilt: anteilsmäßig den o.g. Betrag nachzubezahlen. Letztendlich gilt es doch, jedes Trainer-Talent, unabhängig seines Geldbeutels zu fördern, oder?
Kommen wir zu Grund 2:
Was nützt die vermeintlich beste Ausbildung, wenn ich als Trainer davon einfach nicht leben kann?
Wenn du jetzt glaubst, dass sich Nowak in Sachen FC Bayern München auskotzt, muss ich dich enttäuschen. Ich hatte eine wunderschöne und erfolgreiche Zeit beim FC Bayern München. Gewiss, mein Gehalt war bescheiden, aber ich gehörte nicht zu dem oben genannten Personenkreis. Dass es diesen Personenkreis gibt, ist 100 Prozent sicher. Dass dieser Personenkreis s e h r groß ist, ist ebenso zu 100 Prozent sicher…und deshalb muss hier schnellstmöglich gehandelt werden. Meine Lösung ist wieder einmal sehr einfach:
„Liebe Bundesliga-Vereine, zahlt Eure Trainer angemessen. Denn diese Trainer sind es letztlich, die Eure Bundesliga-Stars von morgen ausbilden. Sie müssen Euch tatsächlich etwas wert sein.“
Erst dann…wirklich erst dann fängt die Ausbildungs-Offensive des DFB zu fruchten. Denn jeder Trainer, der nicht von seinem „Trainer-Job“ leben kann, schaut nach den Fleischtöpfen, sprich in den U17 /U19 Bereich. Das heißt in der Praxis:
Gute Resultate vor guter Ausbildung! Die Trainerkollegen können sich nur durch vorderste Tabellenplätze ins Gespräch bringen. Die Trainerkollegen können also gar nicht an einen echten Erfolgstory in Sachen Talentförderung interessiert sein, sondern lediglich an ihrer eigenen Erfolgstory. Ich bin im ständigen Austausch mit diesen Trainerkollegen und ich verstehe sie sehr gut. Ich würde an ihrer Stelle nicht anders handeln. Wer dabei auf der Strecke bleibt oder sogar den Fußball ganz verloren gehen, sind unsere zahlreichen, aber körperlich schwächeren Bewegungstalente (Stichwort „relativer Alterseffekt“ sollte genügen). Nein, das wollen wir doch alle nicht, oder? Also: Ändern. Jetzt.
Wenn nicht jetzt, wann dann? - Teil 2