Grundsätzliches zum Trainieren von Eckball-Varianten
Eckbälle offensiv und defensiv optimieren
Ein Artikel von Daniel Kohrs
23 von 169. So viele Tore fielen während der vergangenen Weltmeisterschaft nach Eckstößen. Mit anderen Worten: Fast jeder siebte Treffer wurde durch diese Art des ruhenden Balles erzielt. Englands Nationaltrainer Gareth Southgate holte sich im Vorfeld sogar aus dem Basketball und American Football Inspirationen für die Eckballvarianten seines Teams – und wurde belohnt: England erzielte schlussendlich vier seiner zwölf Turniertore nach Ecken.
Daraus lässt sich ein ganz klarer Trend ableiten: Eckstöße werden immer wichtiger und noch häufiger spielentscheidend!
Eckbälle optimal nutzen – und verteidigen!
Grund genug, dieser Standardsituation einen eigenen Artikel zu widmen. Wie können Eckbälle optimal genutzt werden – und wie können sie umgekehrt bestmöglich verteidigt werden? im Folgenden zeigen wir euch einige Optionen für Offensive und Defensive auf.
Gechippte Bälle auf den Elfmeterpunkt können letztlich genauso zum Torerfolg führen wie eine scharfe Hereingabe auf den ersten Pfosten. Manndeckungen können genauso effektiv sein wie Raumdeckungen. Viel wichtiger als die konkrete Variante ist eine exakte Abstimmung der einzelnen Spieler. Jeder Akteur muss genauestens wissen, wie er sich bei Eckbällen zu verhalten hat. Um dies zu erreichen, sollten drei Punkte beachtet werden:
- Weniger ist mehr!
Die Trainingszeit im Amateurbereich ist begrenzt – überfrachte deine Spieler daher nicht mit unzähligen Wiederholungen oder dutzenden Varianten mit genau so vielen verschiedenen Kommandos. Fokussiere dich stattdessen in der Offensive auf eine oder zwei Varianten, von denen du überzeugt bist und die deinen Spielern dennoch genügend Entscheidungsspielraum geben. Dies können bspw. eine kurz ausgeführte Eckballvariante oder eine direkte Hereingabe vor das Tor sein. - Beziehe deine Spieler ein!
Ein Punkt, der oft unterschätzt wird, ist das Mitspracherecht der Spieler. Gerade im Laufe der Saisonvorbereitung bieten sich Eckballvarianten hervorragend als teambildende Maßnahme an. Stell doch einmal Arbeitsgruppen zusammen und lasse die Spieler als „Hausaufgabe“ eigene Ausführungen planen. Dies hat darüber hinaus den Nebeneffekt, dass die Akzeptanz der am Ende ausgewählten Eckball-Varianten möglicherweise höher sein kann, als wenn diese vom Trainer vorgegeben werden.
Nachdem jede Gruppe ihre Varianten vorgestellt und durchgeführt hat, kann nach der Einheit diskutiert werden, welche Ausführungen auch in den Spielen zum Einsatz kommen sollen. - Aufgaben am Spieltag klar zuteilen!
Um den Spielern am Spieltag schließlich möglichst einfach und klar ihre Rollen für die Standardsituationen zuzuteilen, bietet es sich an, die Varianten – wie in diesem Artikel gezeigt - bildlich aufzubereiten und am Spieltag in der Kabine für die Spieler sichtbar zu platzieren. Das Erstellen kann bspw. am PC geschehen – und wenn die Grafiken zum Schluss noch laminiert werden, können sie problemlos ohne Mehraufwand über die ganze Saison benutzt werden. Am Spieltag müssen in diesem Fall nur noch die Rückennummern oder Namen der Spieler eingetragen werden und jeder Spieler erkennt auf den ersten Blick seine Aufgabe.
Offensiv-Taktik bei Eckbällen
Wie angekündigt ist es völlig ausreichend, sich auf zwei Varianten zu beschränken, die idealerweise aus jeweils einer kurz und einer lang ausgeführten Ecke bestehen. Die unten dargestellte Variante 1 zeigt somit eine direkte Hereingabe auf den ersten Pfosten, während Variante 2 eine kurz ausgespielte Ecke mit anschließender Flanke darstellt.
Um sich beide Optionen bis zur tatsächlichen Ausführung offenzuhalten, macht es Sinn, zu jeder Ecke einen zusätzlichen zweiten Spieler hinaus zu schicken. Dies hat auch einen weiteren positiven Nebeneffekt: Schickt der Gegner lediglich einen Verteidiger zur Eckfahne, kann die kurze Ecke in Zwei-gegen-eins-Überzahl recht problemlos ausgespielt werden. Stellt der Gegner hingegen zwei Spieler ab, hat sich das Zahlenverhältnis im Strafraum um einen Spieler zu unseren Gunsten verbessert und wir können den Eckball erfolgsversprechender direkt vor das Tor bringen.
Wichtig: Bei allen offensiven Gedanken sollte jederzeit auch eine ausreichende Absicherung berücksichtigt werden. Hierfür hat es sich bewährt, die genaue Anzahl der absichernden Spieler so an die gegnerischen Konterspieler anzupassen, dass mit einer Ein-Mann-Überzahl verteidigt wird.
Um Überzahl im Zielraum sicherzustellen, postieren sich drei kopfballstarke Spieler am ersten Pfosten, um den Ball von dort idealerweise direkt auf das Tor zu bringen. Für Abpraller oder durchkommende Bälle steht jeweils ein zusätzlicher Spieler am Elfmeterpunkt und am zweiten Pfosten bereit.
Der Spieler im Rückraum kann zweite Bälle sichern oder durch Fernschüsse selbst für Torgefahr sorgen.
- Der Eckballschütze A spielt den Ball kurz zum zweiten Spieler B, der den Ball in offener Stellung kontrolliert und den herausgerückten Verteidiger gegebenenfalls leicht andribbelt und bindet.
- Der Eckballschütze A hinterläuft B. Sobald der Ball von A kurz ins Spiel gebracht wird, lösen sich die drei Spieler am ersten Pfosten in Richtung des zweiten Pfostens, um dort als zusätzliche Abnehmer der Hereingabe zu dienen.
- A bekommt den Ball in die Bewegung.
- A schlägt eine scharfe Flanke auf den zweiten Pfosten.
Defensiv-Taktik bei Eckbällen
Mann- oder Raumdeckung beim Eckball?
In Bezug auf defensive Ecken stellt sich natürlich zu Beginn die Frage: Manndeckung oder Raumdeckung? Der größte Punkt, der für die Manndeckungen spricht, ist naheliegend: Es herrscht eine klare Zuordnung der Gegenspieler, was den eigenen Spielern natürlich erstmal Sicherheit geben kann. Nichtsdestotrotz ist es in Raumdeckungen einfacher, die torgefährliche (=zentrale) Zone mit ausreichend Spielern abzudecken. Auch ist es für die Spieler in der Raumdeckung einfacher, aktiv mit Anlauf in Richtung des Balles zu starten, während sie bei der Manndeckung lediglich auf die Bewegungen ihres direkten Gegenspielers reagieren und somit oft unangenehme Laufwege in Richtung ihres eigenen Tores aufnehmen müssen.
Idealerweise werden bei gegnerischen Ecken die Vorteile beider Verteidigungsstrategien miteinander verbunden. Dies kann beispielsweise durch eine Raumdeckung erreicht werden, in der der gefährlichste Spieler des Gegners dennoch zusätzlich in Manndeckung genommen wird.<(p>
Eckbälle mit oder ohne Konterspielern verteidigen?
Die nächste Frage, die aufkommt, ist die Frage nach Konterspielern. Sollen die Außenstürmer auf Höhe der Mittellinie bleiben? Soll jeder Spieler aktiv beim Verteidigen des Eckballes helfen?
Konterspieler sorgen natürlich erstmal dafür, dass Gegenspieler gebunden werden und die zu verteidigende Situation im Strafraum übersichtlicher wird. Bei Ballgewinn kann zudem schnell ein Konter eingeleitet werden. Andererseits ist es auch völlig legitim, gegnerische Eckbälle ausschließlich als das anzusehen, was sie eben sind: eine gefährliche Situation, in der jeder Spieler in der Defensive benötigt wird.
Die Frage nach Konterspielern muss letztlich jeder Trainer selbst beantworten - im folgenden Beispiel steht jedoch die Torsicherung im Vordergrund, so dass auf Konterspieler verzichtet wird.
Wie erläutert, wird an dieser Stelle eine Variation aus Mann- und Raumdeckung und ohne Konterspieler vorgestellt.
Vier Spieler werden auf der Fünfmeterlinie postiert, davor staffeln sich drei weitere Spieler. Gerade die jeweils zentralen Spieler sollten natürlich möglichst kopfballstark sein, um den torgefährlichsten Raum entsprechend zuverlässig verteidigen zu können.
Ein weiterer Spieler sichert den Rückraum, um etwaige zweite Bälle zu sichern oder Distanzschüsse zu verhindern.
Da wir wie erwähnt sowohl die Vorteile der Raum- als auch die der Manndeckung nutzen möchten, bekommt ein Spieler die „Spezialaufgabe“, den potentiell gefährlichsten Gegenspieler in Manndeckung zu nehmen. Dies kann schlichtweg der körperlich größte Angreifer sein. Eventuell stehen aber durch Spielbeobachtungen oder Vorerfahrungen auch Infos über die gegnerische Ausführung der Standards zur Verfügung und dem Manndecker kann somit bereits vor dem Spiel der gegnerische Zielspieler genannt werden.
Zusätzlich wird ein Spieler am Pfosten positioniert. Dies ist allerdings Geschmackssache und sollte auch mit den Vorlieben des Torhüters in Einklang gebracht werden. Sollte der Torhüter beispielsweise einen Verteidiger am Pfosten ablehnen, stünde unter Umständen ein weiterer Mann- oder Raumdecker zur Verfügung – oder je nach Trainerphilosophie vielleicht sogar ein Konterspieler.
Fazit:
Schon mit wenigen Kniffen können deinen Spielern sowohl bei eigenen als auch bei gegnerischen Eckbällen erfolgsversprechende Verhaltensweisen aufgezeigt werden, die ihnen zudem noch eine größere Sicherheit auf dem Platz geben.
Hierbei kommt es weniger auf die konkreten Varianten an, sondern vielmehr auf deren stimmige Vermittlung und Absprache.
In diesem Sinne: Viel Erfolg bei den nächsten ruhenden Bällen!
Moderne Verteidigung umfasst heute die gesamte Mannschaft, nicht nur die Abwehrkette und die defensiven Mittelfeldspieler. Sie kann je nach Spielausrichtung schon weit in der Gegnerhälfte mit der frühzeitigen Störung des Spielaufbaus beginnen.
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