Fußballtaktik: Der perfekte Spielaufbau .. nicht nur auf dem 11-Feld
Einführung in den erfolgreichen Spielaufbau - Mit Video-Übungsbeispiel
Die Taktikschulung beschränkt sich in den Amateurklassen oft nur auf die Defensive oder das direkte Angriffsverhalten. Der Ball soll erobert werden und in den älteren Altersklassen spielt dabei immer mehr die Viererkette eine Rolle. In der Angriffstaktik erschöpft sich das Training dann aufs Hinterlaufen, Spiel 1 gegen 1 und Kreuzen.
Zwischen klugem Defensivverhalten und Angriffsspiel fehlt dabei ein wichtiges taktisches Element: der Spielaufbau.
Technisches Vermögen und Spielintelligenz im Spielaufbau
Nach der Balleroberung kann nicht immer sofort auf Angriff umgeschaltet werden. Selbst die Profis sind dazu nicht ständig in der Lage, denn dies fordert ein hohes Maß an technischem Vermögen und Spielintelligenz.
Ähnlich ist es bei der Ballzirkulation im Spielaufbau. Bedeutet, zunächst Ballkontrolle und eventuell Spielverlagerung, um den Gegner auf Distanz zu halten. Sehr gutes Passspiel, die Ballan- und -mitnahme, raus aus dem Deckungsschatten (siehe "Schattenspiele") und Auftaktbewegungen sind technische und taktische Voraussetzungen für ein erfolgreiches Aufbauspiel.
Bloß weg mit dem Ball ... möglichst weit
Wegen dieser hohen Anforderungen an die technischen und taktischen Möglichkeiten, meinen viele Trainer in den Amateurklassen, dies sei nichts für ihre Spieler. Der aus der Abwehr gedroschene Ball ist deshalb die einzige sichere Möglichkeit, Fehler in den gefährlichen Defensivzonen zu vermeiden.
Bereits im Kinderfußball wird damit begonnen: Der Ball muss erst einmal weg, ganz weit weg vom eigenen Tor. Genau das führt zu Automatismen, die später nur ganz schwer aus den Köpfen der Spieler herauszubekommen sind.
Deshalb müssen die Trainer den Mut haben, Fehler im Aufbauspiel zu akzeptieren. Diese Fehler werden sich minimieren und selbst in jungen Jahren, wird ein vernünftiges Aufbauspiel schnell zu entsprechend guten Ergebnissen führen. Manchmal muss man die Kröte "Niederlage" schlucken, um später dauerhaft guten Fußball zu spielen.
Was Profis können, lernen auch Amateure
Wenn wir meinen, Amateure können das alles nicht, dürfen wir nicht vergessen, der Gegner ist auch Amateur und von Perfektion weit entfernt. Fehler im Aufbauspiel werden deshalb oft durch Fehler in der Defensivarbeit des Gegners ausgeglichen. Dies trifft übrigens auch beim Erlernen der Viererkette zu, denn oft wird wegen der vermeintlich hohen Fehlerquellen darauf verzichtet.
Nein, auch Amateure können viele Dinge umsetzen, die auch von den Profis gespielt werden, nicht so perfekt, aber der Gegner ist auch nicht perfekt. Nur Mut, es lohnt sich und ist für die gute fußballerische Ausbildung unverzichtbar.
So klappt das mit dem Spielaufbau
Der Spielaufbau beginnt im Moment der Balleroberung in der Defensive. Der erste Gedanke ist immer der schnelle Gegenangriff, aber kontrolliert und nicht den Ball blind nach vorne schlagen. Wenn der Balleroberer keinem Gegnerdruck ausgesetzt ist und frontal zum gegnerischen Tor steht, schafft er sich einen kurzen Überblick und leitet mit einem weitem Pass den Angriff sofort ein.
Dies ist aber leider nicht immer der Fall, also muss eine Alternative zum sofortigen langen Pass her. Der Ballbesitzer sucht sich einen Mitspieler, der frontal zum gegnerischen Tor steht und unbedrängt einen Überblick übers Spielfeld hat, dies kann auch der Torwart sein. Ob dann noch ein langer Pass sinnvoll ist, ist situationsbedingt.
Dies sind Idealfälle und nur dann kann ein schneller Angriff gestartet werden. Eins ist jedoch immer klar und das sollte jeder Spieler wissen: Lasse dich niemals auf ein 1 gegen 1 in der Nähe des eigenen Tores ein.
Ist der schnelle Gegenangriff nicht möglich, schaffen wir ....
Breite und Tiefe im Spielaufbau
Egal ob schneller Gegenangriff oder kontrolliertes Aufbauspiel, nach dem Ballgewinn beginnt sofort das Ausschwärmen und zwar auf allen Positionen. Anbieten, raus aus dem Deckungsschatten und anspielbar sein. Die defensive Grundstellung wird aufgegeben, um dem Gegner ein schnelles einnehmen der Positionen in der Defensive zu erschweren und Raum für Passspiel zu schaffen.
Wir schaffen Tiefe und Breite, damit Anspielstationen und setzen dabei den Gegner massiv unter Druck. Schaffen wir diese Tiefe und Breite nicht, fächern wir das Feld nicht auf, wird es eng und der Ballbesitzer hat zusätzliche Probleme, eine Anspielstation zu finden.
Um die Postionen noch weiter aufzufächern und zusätzlich Raum zu schaffen, können sich unsere Angriffsspitzen sogar ins Abseits bewegen. Sie ziehen die Abwehrspieler oft mit und der Lohn ist, noch mehr Raum für gezielte Pässe.
Sichere Ballzirkulation im Spielaufbau
Unsere Spieler sollen jetzt den Ball zirkulieren lassen, auf den schnellen Weg zum gegnerischen Tor wird bewusst verzichtet. Es folgt das präzise Passspiel und dazu benötigen wir Anspielstationen. Der sichere Pass erhält immer den Vorzug vor dem Risikopass. Dabei können Positionen überspielt werden, was bedeutet, der Pass aus der hinteren Reihe kann in die Spitze erfolgen und so nutzen wir den vorderen Mitspieler vielleicht als Wandspieler, der den Ball ins Mittelfeld ablegen kann.
Es ist aber auch oft sinnvoller aus der Positionsreihe vor dem eigenen Tor, den sicheren Pass zu spielen. Dies kann der Pass zum Mitspieler links und/oder rechts sein, es kann aber auch der Pass auf einen Mittelfeldspieler sein, ins Zentrum und/oder auf die Außenbahnen. Wird er ballführende Aufbauspieler nicht attackiert, sind die möglichen Passempfänger meistens gedeckt und nur schwer anspielbar. Der Aufbauspieler sollte dann durch ein Dribbling Druck auf den Gegner ausüben, irgendwann wird er angriffen, es entstehen Lücken und ein gezielter Pass ist möglich.
Werden die Räume eng, gibt es die Option durch präzise Pässe das Spiel auf die andere Spielfeldseite zu verlagern. Ruhe bewahren und den Gegner beschäftigen, ist die Devise und dies nicht nur in Ballnähe. Ergibt sich die Chance, wird das Tempo sofort angezogen und je dichter wir uns am gegnerischem Tor befinden, desto mehr Risiko muss beim Passspiel gefordert werden.
Erhöhen wir den Druck aufs gegnerische Tor erfolglos, dann sollte der Angriff abgebrochen werden und wir lassen den Ball erneut sicher zirkulieren. Manchmal benötigt man Geduld, um einen Angriff erfolgreich abzuschließen.
Den Spielaufbau trainieren
Wir wollen unseren Worten aber auch Taten folgen lassen und zeigen oben im Video eine Übung, die zum Standardtraining des Spielaufbaus gehört.
Das Spielsystem ist dabei völlig egal und ob auf einem Elfer-, Neuner- oder Siebener-Feld ist völlig zweitrangig, die Zonen müssen nur entsprechend angepasst werden.
Beachte aber, es handelt sich nur um den Einstieg. Allein dies wird aber schon reichen, den Spielaufbau zukünftig erfolgreicher zu gestalten.
Uwe Bluhm