Ein neues Team übernehmen - aber richtig!

Die Sommerpause ist Wechselzeit. Du denkst, es kommt doch erst der Winter und wer sich neu orientieren möchte, hat noch lange Zeit? Nein, du irrst!

Nutze bereits jetzt die Zeit, um dich optimal auf neue Aufgaben vorzubereiten und steht der Neuanfang vor der Tür, bist du bestens gerüstet.

Spieler schließen sich meistens im Sommer neuen Vereinen an oder rücken in die nächsthöhere Jugend auf. Da sich auch viele Trainer zur neuen Saison umorientieren und ein unbekanntes Team übernehmen, muss die Zeit vor dem Neuanfang zum gegenseitigen Kennenlernen genutzt werden.

6 Funino – Teamsportbedarf.de

Was bei den einzelnen Schritten zu beachten ist, erfährst du hier

Bis zum ersten Training sollte es für jeden Trainer selbstverständlich sein, das neue Engagement äußerst gewissenhaft vorzubereiten. Um für alle beteiligten Akteure einen möglichst reibungslosen Start zu gewährleisten, sollten vom Trainer drei Schritte beachtet werden: Die Spielbeobachtungen des neuen Teams, Einzelgespräche mit jedem Spieler und zu guter Letzt die ersten Besprechungen mit dem ganzen Team.

Was bei den einzelnen Schritten zu beachten ist, erfährst du hier:

1. Nicht nur ein neues Team, auch der Verein ist neu?

Alles neu, dann beschäftige dich zuerst mit dem neuen Verein. Lerne die handelnden Personen und die Strukturen kennen. Wie wird der Spielbetrieb organisiert, wo erhältst du Unterstützung und wo solltest du helfen?

Welches Equipment steht zur Verfügung: Gibt es Markierungskegel, Hürden, Koordinationsleitern, Bälle, Taktiktafeln und welche Fußballtore stehen zur Verfügung, nur um eine kleine Auswahl zu nennen.

2. Die Spielbeobachtungen

Du überlegst, ein dir bislang unbekanntes Team zu übernehmen? Du hast wahrscheinlich bereits mit der Vereinsführung oder Jugendleitung gesprochen und durchweg positive Aussagen über das Team gehört, dennoch solltest du dir unbedingt einen ausgiebigen eigenen Eindruck von den einzelnen Spielern verschaffen.

Wäge für dich selbst darüber hinaus sehr gründlich ab, ob du mit deinem Vorgänger bzw. dem aktuellen Trainer über das Team sprechen möchtest. So bekommst du einerseits sehr detaillierte Einblicke, andererseits nimmst du dir selbst und auch deinen zukünftigen Spielern die Chance auf einen unvoreingenommenen Start.

Am zuverlässigsten und aussagekräftigsten gelingt der erste Eindruck unter Wettkampfbedingungen. An folgenden Grundsätzen solltest du dich orientieren:

2.1 Auffällige Stärken und Schwächen der einzelnen Spieler (technisch-taktisch, konditionell, mental) erkennen

Je früher du dein neues Team einschätzen kannst, umso besser kannst du auch alle weiteren Schritte planen. Ist das Team nach 20 Minuten konditionell am Ende? Laufen die Flügelstürmer jedem Verteidiger mühelos davon? Wie sehr kannst du den Torhüter in einen strukturierten Spielaufbau einbeziehen? Läuft der Stürmer nun schon zum fünften Mal wutentbrannt zum Schiedsrichter? Wie steht es um die technischen Fähigkeiten der Spieler? Wie gut sind die Spieler im offensiven und defensiven 1-gegen-1 geschult? Welche Spieler fallen als Führungsspieler auf und coachen ihre Mitspieler?

Dies alles sind (exemplarische) Ansatzpunkte, um sich einen ersten Eindruck vom Team zu machen und erste Rückschlüsse auf die mittelfristige Trainingsarbeit zu ziehen.

2.2 Verhalten des Teams in Offensive, Defensive und den Umschaltmomenten bestimmen

Diese Beobachtungen sind wichtig, um abschätzen zu können, wie detailliert und wie schnell du deine fußballerische Idealvorstellung vermitteln kannst.

Spielt dein Team bereits eine recht ordentliche ballorientierte Verteidigung, so dass du nur noch an Feinheiten arbeiten musst? Oder wird noch ganz altmodisch mit Libero und Manndeckung gespielt und du benötigst viel Zeit mit dem Team fürs Erlernen der Verteidigung in einer Abwehrkette.

Werden die eigenen Angriffe geduldig vorbereitet oder wird bei jeder Gelegenheit schnellstmöglich der tiefe Ball auf einen Stürmer gespielt? Wie konsequent kann das Team nach einem Ballverlust ins Gegenpressing gehen?

2.3 Den Umgang mit den gegnerischen Spielern, dem Schiedsrichter und dem eigenen Team beobachten

Diese Erkenntnisse dienen dazu, sich einen grundsätzlichen Eindruck vom Charakter des Teams und dem Zusammenhalt untereinander zu verschaffen.

Wie gehen die Spieler mit Fehlern ihrer Mitspieler um? Bauen sie sich gegenseitig auf oder kritisieren sie sich?

Werden Entscheidungen des Schiedsrichters akzeptiert oder wird häufig diskutiert?

2.4 Den Umgang mit Rückschlägen, wie z.B. Gegentore, erfassen

Ein ebenfalls wichtiger Punkt, um Rückschlüsse auf den Charakter der Mannschaft ziehen zu können. Gibt es Spieler, die Verantwortung übernehmen und ihre Mitspieler wieder aufrichten? Lassen einzelne Spieler die Köpfe hängen?

Sofern dein erster Eindruck durch die Spielbeobachtungen insgesamt positiv ist und du dir ein Engagement vorstellen kannst, spricht natürlich nichts dagegen, dem Verein zuzusagen und das Amt zu übernehmen. Doch wie geht es jetzt weiter?

Sobald du dem Verein zugesagt hast, wirst du deinem neuen Team natürlich zum ersten Mal vorgestellt. Es ist deine subjektive Entscheidung, wie ausführlich du nun bereits beim ersten Kennenlernen deine Arbeitsweise und Vorstellungen besprechen möchtest.

Wir raten dir, die Vorstellung inhaltlich bewusst abzukürzen und nach einigen netten Worten recht schnell Einzelgespräche mit jedem Spieler anzukündigen. Diese sollten idealerweise direkt an den darauffolgenden Tagen durchgeführt werden, um die nächste Teamsitzung nicht unnötig hinauszögern zu müssen.

3. Einzelgespräche mit den Spielern

Um einen ersten persönlichen Bezug zu den Spielern herzustellen und einen noch genaueren Überblick über die einzelnen Charaktere zu erhalten, sollten frühzeitig Einzelgespräche geführt werden. Hierbei geht es in erster Linie auch darum, an wertvolle Informationen über die aktuelle Lebenswelt des Spielers zu gelangen. Folgenden Punkte können hierbei besprochen werden:

3.1 In welchen Vereinen und auf welchen Positionen spielte der Spieler bislang?
3.2 Wie ist die schulische, berufliche Situation des Spielers?
3.3 Wie ist die familiäre Situation des Spielers?
3.4 Hat er weitere Hobbys/Verpflichtungen neben dem Fußball?
3.5 Wie wohl fühlt er sich in seinem aktuellen Team und insgesamt im Verein?
3.6 Gibt es aktuell Dinge, die ihm im Team/Verein nicht gefallen und die verbessert werden können?
3.7 Was sind aus seiner eigenen Sicht seine Stärken, was möchte er noch verbessern?
3.8 Was sind seine Wünsche an dich als Trainer und Bezugsperson?
3.9 Was sind deine Wünsche an ihn als Spieler und Teil der Gemeinschaft?

Es kann auch direkt Bezug zu deiner Spielbeobachtung genommen werden. Ist dir aufgefallen, dass dein Spieler sehr oft seine Mitspieler motivierte und Verantwortung übernehmen wollte? Oder hat dir seine Ballsicherheit gefallen? Sprich es an und zeige dadurch, dass du dir bereits Gedanken über ihn gemacht hast!

All diese Punkte dienen dazu, sich bestmöglich auf den Spieler einstellen zu können und Verständnis für seine aktuelle Lebenssituation zu entwickeln. Auch können zukünftige Konflikte oder Verhaltensweisen natürlich besser nachvollzogen und bei Bedarf gelöst werden, wenn dir genügend Hintergrundinformationen vorliegen.

Wichtig: Alle Informationen sollten vom Spieler – selbstverständlich - freiwillig gegeben werden. Du wirst altersunabhängig immer wieder mit Spielern zu tun haben, die nicht oder noch nicht über allzu persönliche Dinge sprechen möchten, weil sie beispielsweise grundsätzlich eher introvertierte Charaktere sind. Mache diesen Spielern deutlich, dass dies absolut in Ordnung ist und du dich dennoch auf die Zusammenarbeit mit ihnen freust. Erfahrungsgemäß sind dies ohnehin die Spieler, mit denen du als Trainer die wenigsten Schwierigkeiten oder Reibungspunkte haben wirst.

4. Die ersten Teambesprechungen

Nachdem die Einzelgespräche erledigt wurden, rücken natürlich auch die Teambesprechungen wieder in den Vordergrund. Die Spieler kennen dich nun, du kennst sie und ihr könnt daher sofort inhaltlich einsteigen.

Folgende Punkte sollten in jedem Fall deutlich und frühzeitig kommuniziert werden, um den Spielern eine Orientierung zu geben:

4.1 Wie wird die Saisonvorbereitung ablaufen?
4.2 Wie werden künftige Termine oder Terminänderungen kommuniziert?
4.3 Wann und wie soll für Termine abgesagt werden?
4.4 Wie werden die Trainingseinheiten inhaltlich strukturiert?
4.5 Wie sieht deine Spielidee aus?
4.6 Welche Werte, Verhaltensweisen und Regeln sind dir im Umgang miteinander wichtig?

Wie kompromissbereit du bei den jeweiligen Punkten bist, ist natürlich deine Entscheidung und auch von deinen gesammelten Vorerfahrungen bzw. Eindrücken aus den Einzelgesprächen abhängig. Die höchstmögliche Akzeptanz wirst du sicherlich erreichen, wenn die Spieler bei geeigneten Punkten ihre Standpunkte vertreten können und ihr gemeinsam eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung findet.

Beispiel: Sind es die Spieler gewohnt, das Training mit einer bestimmten Einstimmung (Rondó, Einlaufen, …) zu beginnen, dann überlegt gemeinsam, ob und wie diese Rituale beibehalten werden können. Idealerweise ist die Mitsprache der Spieler auch gerade bei Punkt „3.6“ möglichst hoch, um eine größere Akzeptanz bestimmter Regeln/Abläufe sicherzustellen.

Schlussbemerkung

Dieser Ablauf dient lediglich als exemplarische Orientierung im Kennenlernen einer neuen Mannschaft. Es ist völlig klar, dass es immer wieder Situationen geben wird, in denen es aus organisatorischen oder zeitlichen Gründen nicht möglich oder gar sinnvoll ist, an dieser Reihenfolge festzuhalten. Gerade Einzelgespräche mit jedem Spieler lassen sich teilweise nur schwer vor der ersten „echten“ Mannschaftsbesprechung realisieren. Auch müssen die Besonderheiten der jeweiligen Altersklasse jederzeit berücksichtigt werden.

Dennoch waren hoffentlich einige Anregungen für Dich dabei und Du hast einen erfolgreichen Start mit deinem neuen Team!

300x250 - Neuerscheinungen Coachshop - Seitenleiste